Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete ab 1992 bis 2015 für Wohnungen in Berlin

von Walter Finger und Dr. Pascal Blümmel
erschienen im „Das Grundeigentum“ Heft 10 – 2015

Bisher fehlt es an einer zusammenfassenden Darstellung der Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete für nicht einer Mietpreisbindung unterliegende Wohnungen in Berlin seit der Wiedervereinigung. Die Lücke soll durch diese Abhandlung geschlossen werden. Dabei wurden die inflationsbereinigten Mietspiegeldaten einmal nach Wohnlagen und einmal nach Wohnungsgrößen differenziert betrachtet. Das Ergebnis: Finger weg vom Neubau. Während Altbauten bis 1964 und Neubauten im Ostteil der Stadt steigende Mieten aufweisen, waren die Mieten im West- und Gesamtberliner Neubau rückläufig.

Unterschiede in der Erhebung

Die ortsübliche Vergleichsmiete ergibt sich für den Berliner Mietspiegel 1992 noch aus Neuabschlussmieten und Bestandsmietenänderungen der letzten drei Jahre.
Für den Berliner Mietspiegel 1994 und die darauf folgenden Mietspiegel ist zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete (OM) bereits der heutige 4-Jahres-Zeitraum maßgebend. Die OM ist nicht mit der sog. Marktmiete gleichzusetzen, die aus zeitnahen Neuabschlüssen zu einem bestimmten Stichtag abgeleitet wird.
Zu beachten ist ferner, dass sich die in den Berliner Mietspiegeln bis 1996 ausgewiesenen Mietwerte auf Bruttokaltmieten beziehen, d. h., sie beinhalten auch die umlagefähigen kalten Betriebskosten. Erst ab dem Berliner Mietspiegel 1997 basieren die angegebenen Mietwerte auf Nettokaltmieten.
Um die Mietentwicklung für den Zeitraum ab 1992 bis 2013 in einheitlicher Form auf der Grundlage von Nettokaltmieten darstellen zu können, sind daher von den Bruttokaltmieten in den Mietspiegeln 1992 bis 1996 die umlagefähigen kalten Betriebskosten abgezogen worden.
Im Rahmen der Veröffentlichung der Mietspiegel 1992 bis 1996 erfolgen dann tabellarisch nach der Bezugsfertigkeit und der Ausstattung gegliederte Darstellungen der „kalten“ Betriebskosten.
Notwendig ist schließlich auch die Umrechnung der in den Mietspiegeln bis einschließlich 2000 angegebenen Mietwerte in DM/m² mtl. auf ˇ/m² mtl.
Der erste Berliner Mietspiegel für Altbauwohnungen (Stand November 1987) wurde nicht in die Untersuchung einbezogen, weil es an repräsentativem Datenmaterial zur Ermittlung der umlagefähigen Betriebskosten fehlt, so dass in diesem Fall Nettokaltmieten nicht abgeleitet werden können.
Um die tatsächliche Wertentwicklung abzubilden, wurden alle Werte unter Verwendung der Verbraucherpreisindizes des Statistischen Bundesamtes inflationsbereinigt. Alle dargestellten Preise wurden somit auf den Wert im Jahr 2014 umgerechnet (für den Mietspiegel 2015 wurde eine Inflation von 1 % angenommen). Da die Verbraucherpreisindizes erst seit 1991 für das gesamte Bundesgebiet ausgewiesen werden, wurde auch der Berliner Mietspiegel von 1990 nicht in die Auswertungen einbezogen.
Die Mietspiegel 1992 bis 1996 beziehen sich stets auf die in den westlichen Bezirken ermittelten ortsüblichen Vergleichsmieten. Dagegen bilden die Mietspiegel 1997 bis 2003 die ortsüblichen Vergleichsmieten getrennt nach östlichen und westlichen Bezirken ab. Erst ab dem Mietspiegel 2005 erfolgt dann eine einheitliche Darstellung für Berlin insgesamt.
Um die Nettokaltmieten ab 1992 darstellen zu können, werden hierfür die aus den Mietspiegeln 1992 bis 1996, 1998, 2000 und 2003 für die westlichen Bezirke hervorgehenden Mietwerte und sodann die ab dem Mietspiegel 2005 für Berlin insgesamt veröffentlichten Mietwerte herangezogen. Die durchschnittliche Miete wird differenziert nach einfacher, mittlerer und guter Wohnlage für die unterschiedlichen Wohnungsgrößenkategorien in einzelnen Abbildungen dargestellt.
Die Auswertung und die Abbildungen der Mietwertveränderungen beschränken sich im Übrigen bei Altbauten auf Objekte, die mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet sind. Für Neubauten wird dieser Standard gleichermaßen zugrunde gelegt.
Die Entwicklung der Nettokaltmieten ab 1992 wird auf der Basis der in den maßgebenden Mietspiegelfeldern ausgewiesenen Mittelwerte dargestellt, weil zu vermuten ist, dass diese der ortsüblichen Vergleichsmiete in größtem Maße angenähert sind. Im Rahmen dieser Abhandlung kann im Übrigen auf die Orientierungshilfe zum Mietspiegel sowie auf Zu- oder Abschläge für Sondermerkmale nicht näher eingegangen werden, weil diese für Einzelbewertungen benötigt werden.

1. Altbauten bis 1918

Während für Wohnungen mit bis zu 40 m² Wfl. eine Steigerung ab 1992 um rd. 20 % und für Wohnungen mit mehr als 40 m² und bis unter 60 m² Wfl. eine solche um rd. 31 % feststellbar ist, nimmt der Anstieg für Wohnungen mit mehr als 60 m² und bis unter 90 m² Wfl. um rd. 40 % und für Wohnungen mit mehr als 90 m² Wfl. sogar um rd. 48 % zu.
Es ist allerdings zu erkennen, dass der größte Teil dieses Anstiegs bereits auf das vergangene Jahrtausend entfiel. Seit 1998 blieb die inflationsbereinigte Nettokaltmiete bei Wohnungen zwischen 40 und 90 m2 annähernd konstant. In Wohnungen über 90 m2 stieg die Nettokaltmiete dagegen um ca. 16 % an, während kleine Wohnungen unter 40 m2 – abgesehen von einem zwischenzeitlichen Preisverfall – ebenfalls wieder auf dem Niveau von 1998 liegen.
Eine nur auf die stadträumliche Lage abgestellte Betrachtungsweise offenbart ein ähnliches Bild für alle Wohnlagen. Auch hier ist der starke Anstieg bis 1998 gut zu erkennen. In der Folgezeit verteuerten sich die Mieten in mittleren Lagen um ca. 9 %, wohingegen die Mieten in einfachen und guten Lagen nur um 3 bis 4 % zulegten.

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2. Altbauten von 1919 bis 1949

Die Mieterhöhung liegt für Wohnungen mit bis zu 40 m² Wfl. bei rd. 27 % und damit deutlich unter der für die anderen Wohnungskategorien. Bei Wohnungen mit mehr als 40 m² liegt der Anstieg zwischen rd. 43 % und rd. 51 %.
Hier ist auch nach 1998 ein deutlicher Anstieg festzustellen, der bei Wohnungen unter 90 m2 zwischen 21 % und 24 % lag. Große Wohnungen über 90 m2 hingegen verteuerten sich seit 1998 nur um rd. 9 %.
Eine nur auf die stadträumliche Lage abgestellte Betrachtung zeigt wiederum kaum Unterschiede zwischen den verschiedenen Wohnlagen. Erst nach 2007 ist zu erkennen, dass sich der Mietanstieg in guten Lagen etwas von dem der anderen absetzt und etwa doppelt so stark ansteigt.

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3. Neubauten von 1950 bis 1964

Für Wohnungen mit bis zu 40 m² Wohnfläche liegt der Mietanstieg seit 1992 bei rd. 17 %. In Wohnungen mit 40 m² bis 90 m2 verteuerten sich die Mieten zwischen 26 % und 37 %. Wohnungen über 90 m2 dagegen wiesen einen Preisanstieg von ca. 51 % auf.
Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass bei Wohnungen mit mehr als 90 m2 die Aussagefähigkeit der erhobenen Mietwerte als bedingt tragfähig einzustufen ist, weil z. T. deutlich weniger als 29 Mietwerte erhoben wurden. Dies trifft insbesondere für Wohnungen dieser Größe in einfacher Lage zu, wo zum Großteil nicht einmal Sternchenfelder vorhanden waren, weswegen diese Kategorie nicht in die Berechnungen einbezogen wurde.
Bei den Wohnungen in den östlichen Bezirken weicht der maßgebende Baujahreszeitraum ( 1950 bis 1972) im Übrigen etwas von dem für die westlichen Bezirke (1950 bis 1964) ab. Für die vergleichende Untersuchung ist dieser Unterschied aber nicht von erheblicher Bedeutung.
In allen Lagen ist seit 1992 eine Verteuerung zwischen 25 % und 28 % zu beobachten, wobei Wohnungen mit mehr als 60 m2 in mittlerer und guter Lage sogar zwischen 39 % und 62 % teurer geworden sind.

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4. Neubauten von 1965 bis 1983

Deutlich sichtbar wird die ab dem Jahre 1992 vereinzelt einsetzende negative Mietpreisentwicklung mit einem damit zusammenhängenden zunehmenden Wohnungsleerstand. Bei der Darstellung ist ab dem Mietspiegel 2013 die dort neu eingeführte Baujahresspanne von 1973 bis 1990 vereinfachend übernommen worden.
Bemerkenswert ist, dass die Steigerungsraten aller Wohnungskategorien deutlich unter denen der Baujahre bis 1949 liegen. Inflationsbereinigt wurden diese Wohnungen seit 1992 sogar um durchschnittlich 25 % preiswerter.
Dieser Preisrückgang stammt vorrangig aus der Zeit vor 2005. Besonders stark war in dieser Zeitspanne der Preisrückgang bei Wohnungen unter 40 m2. Diese wurden fast ein Drittel (32 %) billiger. Seit 2005 verteuerten sie sich allerdings wieder um ca. 10 %, wohingegen alle anderen Größenklassen weiterhin einen – teilweise allerdings nur sehr kleinen – Abwärtstrend aufweisen.
Bei einer Auswertung nach Wohnlagen findet sich ein ähnliches Bild, wobei hier bis 2005 besonders in einfachen und guten Lagen starke Rückgänge verzeichnet wurden.
Danach stagnierten die inflationsbereinigten Nettokaltmieten bei ± 4 %.

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5. Neubauten von 1984 bis 1990

Ein noch wesentlich stärkerer sinkender Mietpreistrend ist für Objekte dieser Baujahresphase zu verzeichnen. Beachtlich sind in Einzelfällen inflationsbereinigt um 50 % gesunkene Mietwerte (Wohnungen mit 40 bis 60 m² Wfl. in guten Lagen).
Für Wohnungen mit bis zu 40 m² Wfl. können mangels ausreichender Fallzahlen keine Aussagen getroffen werden. Auch für Wohnungen mit 40 bis 60 m2 existieren insbesondere zwischen 2000 und 2011 nur wenige Werte.
Unabhängig von der Wohnungsgröße ist seit 1994 ein Rückgang von 41 bis 44 % zu verzeichnen. Hierbei wurde nicht wie bisher mit dem Referenzjahr 1992 verglichen, da dort keine Werte für kleine Wohnungen in einfacher Lage vorliegen und so in den Ausgangswert nur mittlere und gute Lagen eingegangen wären. Die Folge wäre ein Überschätzen des Mietrückgangs.
Am wertstabilsten, mit nur um 32 % gefallenen Nettokaltmieten, waren Wohnungen in einfacher Lage.

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6. Neubauten von 1973 bis 1990 in den östlichen Bezirken

Der erste Berliner Mietspiegel 1997 (Stichtag 1. Februar 1997) für die östlichen Bezirke und West-Staaken bildet den Ausgangspunkt der Auswertungen, so dass sich die ermittelten prozentualen Änderungen auf diesen Stichtag beziehen.
Seit 1997 ist ein Preisanstieg besonders bei kleinen Wohnungen mit bis zu 40 m2 Wfl. zu beobachten. Sie verteuerten sich um fast 50 %, in guten Lagen sogar um 66 %, Wohnungen zwischen 40 m2 und 60 m2 immerhin noch um 29 %. Größere Wohnungen mit mehr als 60 m2 wurden nur um durchschnittlich 16 bis 18 % teurer.
Betrachtet man die Wohnlagen, so zeigt sich, dass vor allem Wohnungen in guten Lagen teurer wurden. Hier lag der Preisanstieg bei ca. 42 %, wobei hier zwischen 2009 und 2011 ein größerer Sprung zu verzeichnen ist. Wohnungen in einfachen und mittleren Lagen verteuerten sich nur um durchschnittlich 20 bis 24 %, stagnieren jedoch seit dem Jahr 2007 annähernd.

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7. Neubauten ab 1991

Für Wohnungen mit bis zu 40 m² Wfl. sind mangels ausreichender Fallzahlen keine Aussagen möglich. Da insbesondere in den Jahren 1997 und 1999 kaum Werte für diese Baualtersklasse vorliegen, dient hier das Jahr 2000 als Referenz.
Auffällig ist hier, dass die durchschnittlichen Mietpreise für alle Wohnungsgrößen sehr eng beieinanderliegen. Für alle Wohnungsgrößen sind durchschnittliche Rückgänge der Nettokaltmieten um 18 bis 20 % zu verzeichnen. Eine Differenzierung nach Wohnlagen liefert ein ähnliches Bild. Während in einfachen und mittleren Lagen ein Rückgang von 19 bis 20 % stattfand, lag er in guten Lagen allerdings bei (nur) 15 %.

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